Der Wert von Arbeit
- Aldaron
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Der Wert von Arbeit
Diese Woche hat es mich erschüttert zu hören, dass in der Firma für die ich tätig bin, ein ausgebildeter Lehrer fürs Gymnasium in Form von Leiharbeit sein Brot verdient. Mit Ach und Krach bekommt er von meinem Arbeitgeber eine Schulung, da im technischen Bereich seine Ausbildung natürlich keinen Wert hat (außer vielleicht, er wäre Werklehrer).
Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass der Kollege einfach zu wenig Phantasie hat. Vielleicht hat er auch einfach das falsche Fach studiert. Aber dies soll jetzt nur ein Beispiel unter vielen sein. Da läuft doch aber schon grundsätzlich was falsch, wenn Leute mit prinzipiell "angenehmen" Berufen wegen der Knete lieber als Leiharbeiter im Automobilbau schaffen gehen. Oder seh ich das falsch?
Weil mich das Thema grad umtreibt. Ich bin jedoch zufrieden. Schaue diesen Dingen allerdings mit einer gewissen Verwirrung zu. Und ich hab ne Erkältung. Die Katze ist wieder ruhig und das Rack verkabelt.
Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass der Kollege einfach zu wenig Phantasie hat. Vielleicht hat er auch einfach das falsche Fach studiert. Aber dies soll jetzt nur ein Beispiel unter vielen sein. Da läuft doch aber schon grundsätzlich was falsch, wenn Leute mit prinzipiell "angenehmen" Berufen wegen der Knete lieber als Leiharbeiter im Automobilbau schaffen gehen. Oder seh ich das falsch?
Weil mich das Thema grad umtreibt. Ich bin jedoch zufrieden. Schaue diesen Dingen allerdings mit einer gewissen Verwirrung zu. Und ich hab ne Erkältung. Die Katze ist wieder ruhig und das Rack verkabelt.
Re: Der Wert von Arbeit
Aldaron hat geschrieben:wegen der Knete lieber als Leiharbeiter im Automobilbau
Was verdient man denn da so?
Falls mehr als als Lehrer, könnte ich mir einen Wechsel an eine Werkbank ja auch noch mal überlegen...
- Aldaron
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Re: Der Wert von Arbeit
Wenns ne Werkbank wäre ... Das ist Akkordarbeit, du fährst am Fließband mit den Fahrzeugen mit. Eineinhalb Minuten pro Karosse hast du Zeit für deine Arbeitsschritte. Sind jetzt keine schlimmen Bedingungen, aber ein Lehramtsstudent hat sich sein Arbeitsleben doch sicher anders vorgestellt, oder? Zwofünf brutto kannst als Leiharbeiter schon rechnen. Eher nen Hunni mehr. Ich hab auch in einer Firma gearbeitet, da bekam der Leiharbeiter 1200 brutto für 3 Schichten. Die Leute hab ich an MEINEM Feierabend im Supermarkt Regale einräumen sehen. Naja, aber das ist wieder ein anderes Thema.
Re: Der Wert von Arbeit
Aldaron hat geschrieben:aber ein Lehramtsstudent hat sich sein Arbeitsleben doch sicher anders vorgestellt, oder?
Weiß nicht, ich kenne keine... Aber stellt man sich vor, je nach Bildungsnähe/-ferne der betreuten Kinder, entweder von seinen Schülern regelmäßig auf die Fresse zu kriegen oder von den Eltern verklagt zu werden, weil der kleine Sonnenschein zu schlecht benotet wurde?
Aldaron hat geschrieben:Zwofünf brutto kannst als Leiharbeiter schon rechnen. Eher nen Hunni mehr.
Das kriegste als Lehrer allemal. Geldgier kann's dann eher nicht sein.
Frag den Kollegen doch mal...
- Matt 66
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Re: Der Wert von Arbeit
Ich glaube nicht, dass er es nur wegen der Knete macht.
Frag ihn doch mal, wie er sich dabei fühlt, als examinierter Lehrer nur befristete Verträge zu kriegen? Sprich, nur für ein Schuljahr, aber ohne Bezahlung in den Sommerferien, denn da kann er ja dann Arbeitslosengeld beantragen... Mit viel Glück darf er im nächsten Schuljahr an der selben Schule weitermachen. Mit wenig Glück darf er ein paar hundert Kilometer entfernt eine neue Wohnung suchen... Seine Frau/Freundin zieht natürlich bereitwillig mit um, und sucht sich in der Fremde einen neuen Job... So sieht`s heute aus!
Ich kann nur sagen: ich genieße meine Selbständigkeit. Niemand, der mir was vorschreibt, und wenn meinen Altersgenossen später mal die Rente hinten und vorne nicht reichen wird, kann ich - so es meine Hände noch zulassen - auch mit 70 noch Geld verdienen.
Frag ihn doch mal, wie er sich dabei fühlt, als examinierter Lehrer nur befristete Verträge zu kriegen? Sprich, nur für ein Schuljahr, aber ohne Bezahlung in den Sommerferien, denn da kann er ja dann Arbeitslosengeld beantragen... Mit viel Glück darf er im nächsten Schuljahr an der selben Schule weitermachen. Mit wenig Glück darf er ein paar hundert Kilometer entfernt eine neue Wohnung suchen... Seine Frau/Freundin zieht natürlich bereitwillig mit um, und sucht sich in der Fremde einen neuen Job... So sieht`s heute aus!

Ich kann nur sagen: ich genieße meine Selbständigkeit. Niemand, der mir was vorschreibt, und wenn meinen Altersgenossen später mal die Rente hinten und vorne nicht reichen wird, kann ich - so es meine Hände noch zulassen - auch mit 70 noch Geld verdienen.
Re: Der Wert von Arbeit
Matt 66 hat geschrieben: die Rente .
Rente?

- Matt 66
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Re: Der Wert von Arbeit
Ich mache mir da keine Sorgen. Wir werden bald eine Menge arbeitswilliger Ukrainer hier haben...
Re: Der Wert von Arbeit
Darthie hat geschrieben:Aldaron hat geschrieben:Zwofünf brutto kannst als Leiharbeiter schon rechnen. Eher nen Hunni mehr.
Das kriegste als Lehrer allemal.
Vor allem, wenn man verbeamtet ist. Der Unterschied der Gehälter verbeamteter und angestellter Lehrer kann immens sein.
- Matt 66
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Re: Der Wert von Arbeit
Nur dass heute kaum noch einer verbeamtet wird...
Re: Der Wert von Arbeit
Matt 66 hat geschrieben:Nur dass heute kaum noch einer verbeamtet wird...
Eben. Meine Frau hatte noch das Glück einer sehr schnellen Verbeamtung, aber in unserem Bekanntenkreis gibt es einige Lehrer, die sich schon seit Jahren durch befristete Angestelltenverhältnisse hangeln und deutlich weniger Gehalt für vergleichbare Arbeit erhalten....
Re: Der Wert von Arbeit
Matt 66 hat geschrieben:Nur dass heute kaum noch einer verbeamtet wird...
Haha!
Witzig! Berlin hat als erstes diesen Verbeamtungsunsinn auf breiter Front gestoppt und übernimmt Lehrer nur noch ins Tarifbeschäftigtenverhältnis. Von den entsprechenden Lobbies wird man natürlich nicht müde, darauf hinzuweisen, dass alle anderen Bundesländer natürlich noch verbeamten (stimmt auch oft tatsächlich noch), und die guten Nachwuchslehrer wegen des Pay-Gap dementsprechend Berlin verlassen und bei anderen Bundesländern anheuern, wo sie Beamte werden...
- Aldaron
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Re: Der Wert von Arbeit
Also meine Meinung als Ehemann einer bald examinierten Realschullehrerin, die danach keine Realschullehrerin werden will:
Bildung ist wichtig, in Bildung muss investiert werden. Aber nicht so, wie es aktuell läuft. Bei vielen Lehrern hatte ich in meiner Schulzeit schon immer das Gefühl, dass die sich auf der Verbeamtung schon arg ausruhen. Keine neuen Impulse, Arbeitsblätter, die zu meiner Zeit schon zehn Jahre alt waren ... Ich find die Verbeamtung ohnehin ein wenig seltsam, aber das ist ein anderes Thema.
Auch wenn es jetzt vom Thema weggeht: In Schweden haben wir uns mit einem Musikladenbesitzer und aktiven Musiker unterhalten. Der sagte uns, er arbeite nur Teilzeit und bekäme vom Staat Kohle, um daheim bei seinen Kindern zu sein. Die Großmutter meiner Frau bezieht heute noch Rente aus Frankreich, weil sie da einige Zeit meine Schwiegermutter und deren Geschwister groß gezogen hatte. Meine Mutter hat vier gute Steuerzahler hervorgebracht. Ob die Rente am Ende reicht, werden wir sehen. Sie hofft auf die Mütterrente. Das ist irgendwie eine echt seltsame Sache in diesem Land. Denn: Ingenieure wollen sie alle. Aber was die Erziehung der Kleinen angeht, da hält man sich brav raus. In Schweden hat jedes Kind einen garantierten KiTa-Platz ...
Bildung ist wichtig, in Bildung muss investiert werden. Aber nicht so, wie es aktuell läuft. Bei vielen Lehrern hatte ich in meiner Schulzeit schon immer das Gefühl, dass die sich auf der Verbeamtung schon arg ausruhen. Keine neuen Impulse, Arbeitsblätter, die zu meiner Zeit schon zehn Jahre alt waren ... Ich find die Verbeamtung ohnehin ein wenig seltsam, aber das ist ein anderes Thema.
Auch wenn es jetzt vom Thema weggeht: In Schweden haben wir uns mit einem Musikladenbesitzer und aktiven Musiker unterhalten. Der sagte uns, er arbeite nur Teilzeit und bekäme vom Staat Kohle, um daheim bei seinen Kindern zu sein. Die Großmutter meiner Frau bezieht heute noch Rente aus Frankreich, weil sie da einige Zeit meine Schwiegermutter und deren Geschwister groß gezogen hatte. Meine Mutter hat vier gute Steuerzahler hervorgebracht. Ob die Rente am Ende reicht, werden wir sehen. Sie hofft auf die Mütterrente. Das ist irgendwie eine echt seltsame Sache in diesem Land. Denn: Ingenieure wollen sie alle. Aber was die Erziehung der Kleinen angeht, da hält man sich brav raus. In Schweden hat jedes Kind einen garantierten KiTa-Platz ...
Re: Der Wert von Arbeit
Aldaron hat geschrieben:In Schweden hat jedes Kind einen garantierten KiTa-Platz ...
In Deutschland übrigens auch. In Berlin sogar ab dem dritten Geburtstag elternbeitragsfrei.
Es gibt da aber gewisse süddeutsche Bundesländer gewisser politischer Couleur, die lieber eine monatliche Herd-Prämie dafür zahlen, dass Mutti bei Kinder, Küche, Kirche bleibt, anstatt arbeiten zu gehen, eigenes Geld zu verdienen und eigene Rentenanwartschaften zu erwerben.
Aldaron hat geschrieben:Aber was die Erziehung der Kleinen angeht, da hält man sich brav raus.
Bitte übertrage bayrische Verhältnisse (die ja genau so gewollt sind, wie Du es sagst - anders wäre ja z.B. das letzte Wahlergebnis nicht zu erklären) nicht auf den Rest der Republik. Da bestehen ganz andere Notwendigkeiten und Sachzwänge und Erkenntnisse und Regelungen.
Re: Der Wert von Arbeit
Darthie hat geschrieben:Aldaron hat geschrieben:In Schweden hat jedes Kind einen garantierten KiTa-Platz ...
[color=#0000FF]In Deutschland übrigens auch. In Berlin sogar ab dem dritten Geburtstag elternbeitragsfrei.
Wobei beim Rechtsanspruch davon ausgegangen wird, dass dieser sowohl durch KiTa-Plätze, als auch Kindertagespflege bei Tagesmüttern erfüllt werden kann. Meiner Meinung nach ein gravierender Unterschied zu einem echten Anspruch auf KiTa-Pläze wie in Schweden, da beide Optionen für mich nicht qualitativ gleichwertig sind.
Re: Der Wert von Arbeit
KiTa allgemein: Wer der Meinung ist, Kinder, deren Reinlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist (also noch gewickelt werden), in fremde Hände zu geben, nehme den Wiki-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Bindungstheorie als Anregung. Weiterführend ist im deutschsprachigen Raum die Forschung des Ehepaares Grossmann (Uni Regensburg). Wer dann noch meint, das sei ein für alle Kinder geeignetes Konzept, dem kann ich auch nicht helfen......
Re: Der Wert von Arbeit
Josef, für viele Leute ist es keine Frage von Ansicht oder Meinung, ob sie ihre Kinder betreuen lassen oder nicht. Aus dem von Dir angeführten Wikipedia-Artikel ist mir der Zusammenhang mit der Reinlichkeit nicht deutlich geworden. Hast Du noch etwas explizitere Hinweise?
Re: Der Wert von Arbeit
Ich hab das mal als ungefähren Parameter angegeben. Näheres bein Grossmann, Ainsworth usw. Es ist einfach so, dass manche Kinder in dieser Phase (24-36 Monate) auf die Abwesenheit der Mutter mit Angst und Panik reagieren. Das hat was mit dem jeweiligen Bindungstyp zu tun. Für diese Kinder ist die Nähe der Mutter entscheidend. Wenn allerdings der Fall ist, und wenn ich RTL II anschalte und mir die dort präsentierten dysfunktionalen Familien ansehe, dann ist das gerne mal so, dass deren Mütter bindungsunfähig sind, dann ist die KiTa evtl. das kleinere Übel. Aber dennoch muß eine Alternative geschaffen werden. Es ist mir völlig unverständlich, warum Müttern, die das Kind zunächst bei sich behalten wollen, nicht ein vernünftiger Betrag ausgezahlt wird. In Frankreich sind das (man korrigiere mich, wenn ich irre) etwas über 400 Euro. Da kommt niemand auf die Idee, dass als Herd-Prämie oder Kinder Küche Kirche zu bezeichnen. So bescheuert sind nur wir Deutschen......
- Aldaron
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Re: Der Wert von Arbeit
Darthie hat geschrieben:Aldaron hat geschrieben:In Schweden hat jedes Kind einen garantierten KiTa-Platz ...
In Deutschland übrigens auch. In Berlin sogar ab dem dritten Geburtstag elternbeitragsfrei.
Es gibt da aber gewisse süddeutsche Bundesländer gewisser politischer Couleur, die lieber eine monatliche Herd-Prämie dafür zahlen, dass Mutti bei Kinder, Küche, Kirche bleibt, anstatt arbeiten zu gehen, eigenes Geld zu verdienen und eigene Rentenanwartschaften zu erwerben.Aldaron hat geschrieben:Aber was die Erziehung der Kleinen angeht, da hält man sich brav raus.
Bitte übertrage bayrische Verhältnisse (die ja genau so gewollt sind, wie Du es sagst - anders wäre ja z.B. das letzte Wahlergebnis nicht zu erklären) nicht auf den Rest der Republik. Da bestehen ganz andere Notwendigkeiten und Sachzwänge und Erkenntnisse und Regelungen.
Ich sehe das im Großen und Ganzen wie du! Ich kenne aber auch Schulgeschichten aus BaWü, z.B. Und da muss es ähnlich sein. Liegt es vielleicht daran, dass Reichtum doof macht?
Gestern durfte ich erfahren, dass obiger Nicht-Lehrer ne hohle Nuss ist. Damit hab ich meine Antwort.
Re: Der Wert von Arbeit
Aldaron hat geschrieben:Gestern durfte ich erfahren, dass obiger Nicht-Lehrer ne hohle Nuss ist. Damit hab ich meine Antwort.
Wenn man dann noch weiß, dass das Lehrer(aus)bildungsproblem das des Studiums ist...
Als Banker bewirbst Du Dich bei einer Bank, und wirst dann ausgebildet.
Als Lehrer entscheidest Du selbst, auf Lehramt zu studieren.
Und erst nach dem Studium schaut der Staat, ob er Dich gebrauchen kann. Wenn nicht, kannst Du mit dem Studium NIX anfangen.
- Aldaron
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Re: Der Wert von Arbeit
Dem wird allerdings mit dem neuen Lehramt Plus ein wenig nachgeholfen. Hat meine Frau gemacht. Damit hat sie immerhin auch einen BA in Englisch und Musik. Das Referendariat ist in meinen Augen total bekloppt. Du bekommst kurzfristigst deine Schule zugeteilt (ganz Bayern, z.B.). Und wenn du nicht nach der Pfeife deines "Ausbilders" tanzt und der im Glücksfall noch besonders verkalkt ist und du frisch von der Uni kommst ... Das Studium meiner Frau war schon gut, soweit ich das beurteilen kann und was ich von ihr so höre. Sie will nur nicht im Ref verheizt werden. Bisher hab ich noch von JEDEM gehört, dass die Zeit der Horror sein muss. Gerade auch für eine Beziehung die Belastungsprobe schlechthin.