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das darf man sicher nicht
Verfasst: Mi 30. Mai 2012, 22:26
von tortitch
nämlich das Forum als Gitarrenlehrer missbrauchen. Dennoch:
Ich hab ein bisschen improvisiert zu einem einfachen Vamp (Lünnerd Skünnerd). Wichtig war es mir, dass es first take ist. Also keine Beschönigungen. Also ähnlich der Situation bei einer Session.
Ich würde mich über Kritik und Anregungen freuen. Aber die Latte nicht zu hoch legen. Mein Anspruch: untalentierter Feierabendmusiker.
http://soundcloud.com/tortitch/impro-vamp
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Mi 30. Mai 2012, 23:33
von Kobold
Na klar kommt die Latte hoch, was denn sonst?
Ich habe mir die ersten Sekunden am Stück angehört, und dann 10 Sek-Schritte weiter geklickt. Ich würde zum einen solche Improvisationen nicht so lange machen, 3 Minuten ohne ausflippendes Live-Publikum ist schon starker Tobak finde ich. Ab und zu mal Luft holen, auch mal keinen Ton spielen, auch mal einem einzelnen Ton verschiedene Formen geben, ihm Zeit geben sich zu entfalten, damit zu spielen, usw .......
Das Timing sitzt nicht wirklich, hier würde ich probieren einfach mal mit wenig gespielten Lead Notes mich voll und ganz auf das Timing zu konzentrieren, bis du das Gefühl hast fest im Sattel zu sitzen.
Generell finde ich daß oft weniger mehr ist, dann kommt mehr Spannung rein, dann noch etwas Dynamik dazu (also auch mal alles zurück nehmen, leisere Töne - dann ruhig wieder Gas geben) , tightes Timing, dann kommt das schon hin.
Sorry, wenn ich das so ganz direkt schreibe, aber was nutzt es wenn man einem den Honig um´s Maul schmiert. Ach ja, das wichtigte noch: Es hat aber sicher Spaß gemacht, oder?
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Mi 30. Mai 2012, 23:45
von tortitch
immer direkt raus. Das ist schon gut so. Ich kann ja alle Punkte sehr gut nachvollziehen. Klar, das Timing.... ach ach ach. Ich würd ja gern so grooven können wie du. Und natürlich ist das recht lang. Aber man soll ja auch was zum Beurteilen haben.
Auf jeden Fall großen Dank.
T.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 00:37
von Spanish Tony
Sehe es so wie Kobold schon schrieb. Das Timing ist wirklich ein großes Problem. Du bist konsequent nicht auf dem Beat.
ST
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 07:39
von Tom
Lieber Tortich,
ich würde zuallererst timingmäßig ein zwingendes backing erstellen.
Dabei würde ich den Parameter "Feeling" vorerst zugunsten einer exakten Darbietung aussen vorlassen.
Dann würde ich am Timing arbeiten.
Die Vorgehensweise hierzu ergibt sich aus meinem zweiten Kritikpunkt: deinem "pausenlosen" Spiel.
Ich würde empfehlen, Abschnitte, Phrasen, Melodiebögen etc. zu üben.
Dadurch erreichst du eine Festlegung im rhythmischen Bereich, an der du timingmäßig arbeiten kannst, du setzt dich bewusster mit der melodischen Gestaltung deiner Darbietung auseinander und kannst auch auf deine Phrasierungen besser eingehen.
Ich empfehle dir weiter einen Akkordwechsel in dein backing einzubauen, der dich zwingt die Tonleiter zu wechseln bzw. der nicht jeden Ton der Pentatonik gleich klingen lässt. Du wirst durch ein, zwei Akkordwechsel das von dir gewählte Tonmaterial qualitativ unterschiedlicher wahrnehmen, woraus sich wieder neue Melodiebögen und neue Phrasen ergeben werden.
Dein u.U. sich nach ein, zwei Minuten in der Selbstwahrnehmung einstellendes Gefühl der Beliebigkeit in deinem Spiel wirst du so gezielt angehen können.
Viel Erfolg
dein Tom
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 10:29
von tortitch
Hallo Tom,
vielen Dank für die praktischen Anregungen. Gut gefällt mir , dass dabei gleich verschiedenen Schwerpunkte miteinander verbunden sind (Timing und Abschnittbildung).
Dass hier nur ein Akkord zugrundeliegt, ist allerdings Absicht gewesen.
Am Timing hab ich in den letzten Jahren eifrig gearbeitet, umso deprimierender, dass das Resultat immer noch so schlimm ist. Irgendwie fehlt mir da ein Gen.
Gruß
T.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 10:48
von Kobold
Weiß nicht, ob da ein Gen fehlt, wie würdest du dich denn selbst einschätzen in Bezug auf "mitklatschen", oder im Rythmus "wippen" oder "tanzen"? Das ist durchaus ernst gemeint, denn wenn das eigentlich paßt, dann solltest du auch im Timing spielen können, wenn das Gespielte auch noch soviel Koordination zuläßt, daß auch noch das Timing stimmen kann.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 11:02
von Markus
Ich habe mir die Einspielung auch mal angehört. Ich glaube, dass die Timingprobleme entstehen, weil der Musikant zu viel herumfriemelt und damit befasst ist, seine Finger zu sortieren. Wegen der motorischen Anforderungen gerät das Timing aus der Bahn. Wenn Du weniger (Töne) spielst, dann wird sich meiner Meinung nach das bessere Timing von selbst einstellen.
Schönen Gruß
Markus
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 13:19
von tortitch
Kobold hat geschrieben:Weiß nicht, ob da ein Gen fehlt, wie würdest du dich denn selbst einschätzen in Bezug auf "mitklatschen", oder im Rythmus "wippen" oder "tanzen"? Das ist durchaus ernst gemeint, denn wenn das eigentlich paßt, dann solltest du auch im Timing spielen können, wenn das Gespielte auch noch soviel Koordination zuläßt, daß auch noch das Timing stimmen kann.
Die Metapher mit dem Gen meint ja eigentlich: Mit viel Übung ist nicht einmal das Level erreicht, das für andere von vornherein selbstverständlich ist.
Mit dem Klatschen und Tanzen sieht es übrigens auch nicht so dolle aus. Was mir (und anderen auch) fehlt, ist so eine Art eigenständiger, gleichmäßiger innerer Puls. So fühlt es sich etwa an.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 16:42
von Reinhardt
was mir früher immer geholfen hat und was ich heute noch tue, ist, die Töne "mitzuatmen", wie wenn ich sie auf der Trompete spielen müsste, wenn Du verstehst, was ich meine.
Man muss nicht mitscatten können wie George Benson, auch nicht mitsingen, mitächzen genügt. Das hilft extrem beim Phrasieren und Melodiebögen Gestalten, also beim Pause Machen. Dann ist Sense mit 56 Noten über drei Takte, denn man muss ja mal Luft holen, die Gitarre singt dann bzw. ahmt dieses nach. Und das hilft indirekt auch dem Timing.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 17:18
von Tom
Markus hat geschrieben:Wegen der motorischen Anforderungen gerät das Timing aus der Bahn. Wenn Du weniger (Töne) spielst, dann wird sich meiner Meinung nach das bessere Timing von selbst einstellen.
Genau so glaube ich kann tortitch an die Sache rangehen.
EINE simple Phrase über ein zwei Takte mal "mit der Lupe" anschauen:
diese Phrase zum verlangsamten backing/Metronom spielen, aufnehmen, evtl. Unsauberkeiten beim Anhören identifizieren, versuchen diese Unsauberkeiten wiederholt zu üben und so zu verbessern; dranbleiben, wiederholen. . .
Diese geduldige Zuwendung auf der Insel der Entschleunigung und die bewusste Sicht aufs kleinste Detail in beharrlicher, unbeirrbarer Weise wirkt sich fast schon wunderlich auch auf andere Phrasen aus, ohne das diese genauso detailliert bearbeitet werden müssen.
Es ist ähnlich einer Schärfung der Wahrnehmung.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 17:25
von blueelement
es wurde eigentlich ja schon alles gesagt, aber was mir aufgefallen ist, zwischen min. 1,36 und 1,58 wären meiner Meinung nach genau die richtigen Ansätze. Da hast du auch Pausen gelassen ( wenn auch nur kurze) die aber unbedingt notwendig sind und weil wir gerade bei Pausen sind, mach das speziell am Anfang noch viel ausgeprägter, spiele einfach mal nur ein bis zwei Töne und lass einfach mal einzelne Töne länger klingen und versuche da auch gleichzeitig Charakter hinein zu bringen mit etwas Vibrato usw. Da hast du auch Zeit dich rhytmisch besser zu konzentrieren bzw. einzuarbeiten, du wirst merken wie du dich gezielter an den Rhytmus herantasten kannst, bleib dran

Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 19:34
von tortitch
Ganz besonders dicken Dank für die Tipps. Das beste daran ist, dass sie mit dem übereinstimmen oder das konkretisieren, was ich mir schon mal irgendwie und vage selbst überlegt hatte (oder mir jetzt wenigstens einbilde überlegt zu haben). Und immer auch gleich ein griffiger Name zu jeder Übungsmehtode (Insel der Entschleunigung, Mitgrunzen ...). Ausgezeichnet (dipp die Fingerspitzen zusammen).
Jetzt muss ich nur noch zusehen, wie ich von der Depression zur Motivation komme.
Gruß
T.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 19:58
von Tom
tortitch hat geschrieben:Jetzt muss ich nur noch zusehen, wie ich von der Depression zur Motivation komme.
Wie immer: durch Bewegung
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 20:36
von tortitch
blueelement hat geschrieben:es wurde eigentlich ja schon alles gesagt, aber was mir aufgefallen ist, zwischen min. 1,36 und 1,58 wären meiner Meinung nach genau die richtigen Ansätze.
Tröstliche Wärmung, dass jemand noch einen Hoffnungsschimmer in der Finsternis entdeckt.
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Do 31. Mai 2012, 21:46
von Mr Knowitall
Hör dir einfach meine Soli an. Ich zeige wie's richtig gemacht wird!
Du musst das üben! JEDEN TAG!
Re: das darf man sicher nicht
Verfasst: Fr 1. Jun 2012, 08:36
von blueelement
tortitch hat geschrieben:blueelement hat geschrieben:es wurde eigentlich ja schon alles gesagt, aber was mir aufgefallen ist, zwischen min. 1,36 und 1,58 wären meiner Meinung nach genau die richtigen Ansätze.
Tröstliche Wärmung, dass jemand noch einen Hoffnungsschimmer in der Finsternis entdeckt.
glaube mir, ich habe schon so viel Sch.........e gespielt, aber ans Aufhören oder sonstigen Frustrationen hatte ich nie gedacht
Es gibt nur ein Motto: und jetzt erst recht
