Nun, mein Eindruck ist eher, dass es sich hier zusammen mit der Outdoor-Branche, wo man in jedem zweiten Laden zwischenzeitlich fünf verschiedene Telemark-Skibindungen erhalten kann, um eine der wenigen explodierenden Branchen handelt. Im Vergleich zu vor zwei Jahren bei der Premiere waren es gefühlt 30-40 % mehr Ausstellungsfläche und etwa doppelt so viele Veranstaltungen.
Sehr leise, da alles über Kopfhörer oder Probekabinen.
Der Pedalmarkt ist so eine Art Immobilienblase, nichts, was es nicht gibt, nur noch nicht von jedem. Unglaublich, diese Vielfalt. Ähnliches gilt für die Boutique-Gitarrenbauer.
Erst mal weiter zur Gear:
Eastman baut sensationelle Gitarren für den Preis, auch Archtops sind ein Tipp.
Im Digitalwollmilchsaugehege sind die chinesischen bisherigen Billigfirmen Hotone, Mooer, Caline und wie sie alle heißen, schwer am auf- und überholen. Für das, was z.B. das Multi-FX Hotone Ampero bietet, müssen sich doppelt so teure Linie-Sechs-Apparate ganz schön strecken.
Ansonsten klangen für mich alle Digi- und PC-Anwendungen schrecklich, selbst ein Jan Ray oder Shanks klang über dieses IK Multimedia-Rig scheiße. Und es brummte beträchtlich, nebenbei bemerkt. Da überzeugte mich durch die Bank nichts, nicht mal ein Kemper. Zumindest nicht über Kopfhörer. Man konnte nirgends anders als über Kopfhörer testen, daher war das ein guter Vergleichsmarathon.
Workshops:
Freischladers Masterclass war sehr launig, sorgte aber beim Skalendudlerwohnzimmerpublikum für Entsetzen, als sich herausstellte, dass Henrik nicht mal Akkordnamen kennt geschweige denn Noten oder Tabs lesen kann. Für manche Leute ist es unbegreiflich, dass man Musik auch einfach wie eine Muttersprache lernen kann. Und: Der Realtone Reverb-Tank ist das beste Raumeffekt-Gerät, das ich je gehört habe. Das klang in Zimmerlautstärke genauso scharf wie bei Bühnenleistung. Wie auch der Realtone-Amp. Ok, er ist auch ein richtiger Hammerspieler.
Und ich scheine wohl halbwegs anständig gespielt zu haben, der Herr F. hatte keine Klagen. Puh. Aber er ist ja auch ein höflicher Mensch.

Jetzt zum Udo P.:
Der hatte dabei ein Kabel, ein Tweed, eine 62er-335 in fabrikneuem Zustand, eine moderne Reissue mit identischer 62er-Hardware und-Elektronik sowie eine 58er-Strat und ihre Masterbuild-Reissue mit Mods des Caps und des Vibratos, aber mit den derzeitigen Pickups.
Für mich: Die Gibsons Geschmackssache. Für bissigeren Rock wäre die neue (die sich ja nur im Holzalter unterschied) die clevere Wahl, von der Musikalität und dem geschlossenen Gesamtbild und der Obertonkippung war die alte ehrlich gesagt etwas, das ich so authentisch noch nie gehört hatte. Der Unterschied war, sagen wir mal, merklich.
Bei der Strat war der Unterschied eklatant. Die 58er klang so rund, knorpelig und musikalisch, wie ich es schon seit Jahrzehnten suche, aber nie fand. Die Reissue klang wie eine normale Strat heute halt so klingt und man denkt, dass eine Strat klingen müsse. Aber der Unterschied war himmelweit. Die alte konnte man auf dem Steg spielen, alle Potis auf, das klang nicht nur erträglich, das klang cool. Die Bass-Saiten an sich klangen unglaublich, fast wie ein akustisches Instrument.
Beide alten Gitarren hingen auch auffällig gut am Gas, je nach Anschlaghärte und -position oder Potistellung waren damit völlig andere Klänge und Zerrtexturen erzeugbar. Dagegen wirkten die beiden ja auch bereits schweineteuren Reissues regelrecht billig.
Die Reissues sind musikalisch näher an einem 600-Euro-Modell als am 60000-Euro-Vintage-Instrument. So gesehen stimmt die Preisrelation bei Vintage-Gitarren, wenn sie denn gut hergerichtet sind, wieder. Wobei der Udo glaubhaft vermittelte, dass die Quali-Streuung bei den alten bedeutend höher sei als bei den neuen.