Matt 66 hat geschrieben:Weder noch! Wobei, wenn dann lieber letzteres. Hab`s ja schon mal hier irgendwann erwähnt: Polyphone Rockmusik! Das würde mich interessieren. Macht aber keiner!
Nein, worum es mir geht, ist eine gewisse Komplexität innerhalb der Musik. Eine Ansprache des Hirns und nicht (nur) des Bauches oder Herzens. Aber i mog eh nimma... Bin raus. Zumal mich diese alberne Muse-Witzelei daran erinnert, dass wir ja auch einen Spam-Thread haben...
Nur eines noch, um zu zeigen, wie ich in der Sache denke: Die Entwicklung der mehrstimmigen Kunstmusik ist ursprünglich in gewisser Weise fast schon linear, also logisch und konsequent weiterentwickelt.
Stufe 1: Einstimmiger Choral
Stufe 2: Zweistimmiges, meist improvisiertes Parallel-Singen in Quarten und Quinten
Stufe 3: die ursprünglich als Dissonanz empfundenen Terzen und Sexten werden etabliert, die Stimmführungen eigenständiger
Stufe 4: Zuwachs der Stimmen (3-st., 4-stimmig usw.), Kontrapunkt-Technik, max. Ausreizen der Polyphonie
Jetzt sind wir ca. um 1600, eben bei Lasso, Palestrina und Co. Geile Zeit!
Aus irgendeinem Grund entwickelte sich die Musik ab - ganz grob - 1600 mehr und mehr in Richtung "vertikales" Denken (harmonisch gesehen), der Akkord als statischer, gleichzeitiger Klang mehrerer Stimmen wurde "wichtiger" als die einzeln geführten Stimmen. Ergebnis: Monodie. Es braucht nur noch EINE Melodie-tragende Oberstimme, die von - jetzt zunehmend instrumentaler Begleitung harmonisch gestützt wird. Generalbass usw. Also die Zeit, die wir heute Barock nennen.
Ab da sind alle überwiegend homophon unterwegs. Die Polyphonie stirbt mehr oder weniger aus (natürlich taucht sie immer noch als Satztechnik auf, aber der große Trend ist definitiv vorbei). Dafür geht es in den folgenden Jahrhunderten darum, die Harmonik immer weiter auszureizen. Von verglw. einfacher Dur-Harmonik der Wiener Klassik bis zum Ende des 19-Jh. bzw. in den Anfang des 20 Jh. hinein werden die Akkorde immer "gewagter", ausdrucksstärker.
Bis dahin eine - wie gesagt - nahezu logische, lineare Entwicklung was die Komplexität der Musik betrifft. Erst werden die polyphonen Möglichkeiten immer weiter ausgereizt, dann die harmonischen. Schließlich kommt die Atonalität, weil tonal eigentlich nichts mehr geht, die Grenzen sind erreicht.
Tja, und dann kam der Krieg... und danach Schlager und Rock`n`Roll. Aus, vorbei. Game over!
Sog i!