IMJI, ich will nicht widersprechen, nur frei antworten, was mir dazu einfällt:
Imij hat geschrieben:Gadamer macht hier einen entscheidenden Fehler:
Er unterscheidet nur Verstehen und Nicht-Verstehen. Das Falsch-Verstehen kommt bei ihm anscheinend nicht vor.
Und vor dem Verstehen steht ausserdem das Fühlen.
Fühlen ist Verstehen auf einer tieferen Ebene. Wir erfahren Musik nicht nur verstandesmäßig. Die letztlich durch die Aufklärung erfolgte Unterteilung in Denken und Fühlen bringt uns in unserer Betrachtung nicht weiter. Ich glaube (!) nicht, daß sich Gadamer bzw. die musikalische Hermeneutik rein auf die kognitive Ebene stürzt.
Wer kann behaupten, er kenne das Ganze?
Das Ganze ist gemeint als das in sich geschlossene und in seinem Sein nur durch die Beziehung seiner Teile ausreichend gekennzeichnete Werk.
Das wäre das Ideal. Ich glaube davon spricht Gadamer. Das Werk wird aus sich selbst heraus erkennbar und braucht letztlich keine Einordnung in historische, soziokulturelle und andere denkbare Zusammenhänge. Das Ganze genügt sich selbst. Und: das ist auch die romantische Überhöhung des Individuums: "ich brauch euch nicht, ich genüge mir selbst. Ich grenze mich von euch ab, indem ich mir selbst genüge. Ich bin so groß, daß ich mir selbst genüge. Ich muss mich von euch abgrenzen, damit ich spüre, wie groß ich bin und mir selbst genüge." usw.
Ein Wort im Satz falsch gestellt oder aus geistiger Faulheit heraus, einen Sachverhalt nicht korrekt beschrieben und schon dreht der Sinn einer Aussage ins Gegenteil. Wie selbstüberheblich und arrogant stellt sich mir diese Hermeneutik dar? Ich bin bestürtzt.
Ich glaube, die "Wörter" stehen immer an der richtigen Stelle, ob bewusst oder unbewusst dahin platziert oder dort gehört (oder eben "verhört"). Ein verantwortungsvoller Beobachter stellt sich nie über den beobachteten Gegenstand, weiß er doch, wie eng er mit ihm verbunden ist.
Ist der Tanz auch als hermeneutisches Gespräch zu verstehen?
Klar, wieso nicht?
Hat er auch geisteswissenschaftlichen Anteil oder zählen nur unmusikalische geistige Aktivitäten als Gespräch.
Der Tanz ist Teil geisteswissenschaftlicher Betrachtung. Archiv Derra de Moroda z.B., Laba-Notation etc.
Wie bindet man in dieses vergeistigte Modell die Reaktion oder die Leistung eines Choreografen ein.
Ist der dann auch im Gespräch?
Yep.
Nach meiner rein subjektiven Erfahrung gibt es keinen Anspruch auf eine umfassende Klärung der Wahrnehmungssituation und der dadurch hervorgerufenen Interaktion bei Mensch und Tier.
Umfassend will doch auch keiner sein. Wer umfassend sein will, sollte sich der Religion zuwenden.
Nach meiner Auffassung darf Musik nicht zum vergeistigten Selbstzweck werden, denn dann kriegt sie ja keiner zu Ohren.
Es gibt ja noch das innere Hören rein aus dem Notentext heraus. Nimm doch einfach zur Kenntnis, daß es diese Auffassung gibt und gegeben hat. Man hat versucht, die Interpretation als Mittler zwischen Rezipient und Komponist auszuschalten.
Musik ist ein Gebet.
Ja.