Unterricht geben?

tortitch

Unterricht geben?

Beitragvon tortitch » Fr 7. Okt 2011, 15:06

Vorgestern auf einer Session wurde ich von jemandem gefragt, ob ich ihm Gitarrenunterricht geben wolle. Nun bin ich bestenfalls ein sehr mäßiger Feierabendmusikant. Aber, nun ja, er hat mich ja spielen gehört und weiß daher, was er zu erwarten hat.
Um das Geld geht's mir auf jeden Fall nicht.
Aber ganz abgeneigt bin ich nun doch nicht, weil ich dachte, es könnte einen ja auch weiterbringen, wenn man jemand anders etwas vermittelt. Was sagen so die erfahrenen Unterrichtenden?
Gruß
T.

Josef K

Re: Unterricht geben?

Beitragvon Josef K » Fr 7. Okt 2011, 17:34

Wenn Du ein Konzept hast, dass Du weitergibst, warum nicht? Jedenfalls besser, als an sog. 'Musikschulen' unterrichten zu müssen. ;-)

Darthie

Re: Unterricht geben?

Beitragvon Darthie » Fr 7. Okt 2011, 19:55

tortitch hat geschrieben:es könnte einen ja auch weiterbringen, wenn man jemand anders etwas vermittelt.


Schon Seneca wusste: homines, dum docent, discunt.
Also: Machen.
Obwohl ich ganz was anderes lehre, als Gitarre. Dafür wäre ich viel zu schlecht. Heute habe ich wieder mal eine Klasse Azubis neu übernommen.

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Matt 66
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Re: Unterricht geben?

Beitragvon Matt 66 » Fr 7. Okt 2011, 22:13

Es ist halt so: nicht jeder tolle Gitarrist ist auch ein guter Lehrer (also das, was ich gemeinhin als guten Lehrer bezeichnen würde). Andererseits ist auch nicht jeder tolle Lehrer ein guter Gitarrist... *hust* (wir brauchen einen Hust-Smiley!).

Deshalb ist die Aussage "er hat mich spielen gehört, also weiss er was er zu erwarten hat" sehr zu relativieren.

Von daher, und Deine selbstkritische Äußerung beachtend, würde ich sagen: wenn er weiss, dass Du eigentlich gar kein "richtiger" Lehrer bist, sowas also noch nie gemacht hast, er aber dennoch das bei Dir machen will, dann steht dem doch nichts im Wege. Ist ja schließlich sein Risiko, wenn er sich z.B. ne falsche Technik angewöhnt, oder ständig die #11 mit ner b5 verwechselt...

tortitch

Re: Unterricht geben?

Beitragvon tortitch » Fr 7. Okt 2011, 22:25

@ Matt: Was würdest du denn als guten Gitarrenlehrer bezeichnen?
Zuletzt geändert von tortitch am Fr 7. Okt 2011, 22:31, insgesamt 1-mal geändert.

tortitch

Re: Unterricht geben?

Beitragvon tortitch » Fr 7. Okt 2011, 22:28

Darthie hat geschrieben:Obwohl ich ganz was anderes lehre, als Gitarre. Dafür wäre ich viel zu schlecht. Heute habe ich wieder mal eine Klasse Azubis neu übernommen. [/color]


Als Gitarrist bin ich ja auch schlecht. ABer was das Unterrichten betrifft, bin ich ja eigentlich Profi, in punkto Didaktik also nicht ungeschult.

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Re: Unterricht geben?

Beitragvon Matt 66 » Sa 8. Okt 2011, 08:47

Nunja, es ist eigentlich selbstverständlich, dass da Dinge wie Einfühlungsvermögen, Umsichtigkeit, Geduld, also soft skills dazugehören, aber auch didaktisch-konzeptionelle Sachen, eben ein "Plan", und schließlich die musikalisch-handwerkliche Komponente. (Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit fallen mir noch ein. Man glaubt es kaum, wie ernst/genau manche Leute Terminabsprachen nehmen...)

Dass Du ein Didaktik-Profi bist, ist da sicher nicht verkehrt.

Mir ging`s ja nur um den oben zitierten Punkt. Dass jemand mich auf der Gitarre beeindruckt, heißt noch lange nicht, dass derjenige auch einen vernünftigen Unterricht macht. Das sieht man gut auf Musikmachen.de... :mrgreen:

tortitch

Re: Unterricht geben?

Beitragvon tortitch » Sa 8. Okt 2011, 12:15

Hallo Matt,
das führt jetzt allerdings schon ein bisschen weg. Meine Frage war ja eigentlich, ob Seneca mit dem, was darthie zitiert, recht hat und inwiefern.
Gruß
T.

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Re: Unterricht geben?

Beitragvon Matt 66 » So 9. Okt 2011, 13:34

Mein Herr, ich habe doch nur die (persönliche) Frage beantwortet... :dontknow:

Und an dem Seneca Spruch ist sicher was dran. Hab ich auch bei mir schon beobachtet.
Andererseits: würdest Du Dich von einem Erstsemestler am offenen Herzen operieren lassen?

Tom

Re: Unterricht geben?

Beitragvon Tom » So 9. Okt 2011, 17:40

Denk nicht nach. Machs einfach.
Alles andere ergibt sich von alleine.

tortitch

Re: Unterricht geben?

Beitragvon tortitch » Fr 14. Okt 2011, 12:13

Matt 66 hat geschrieben:Mein Herr, ich habe doch nur die (persönliche) Frage beantwortet... :dontknow:

Und an dem Seneca Spruch ist sicher was dran. Hab ich auch bei mir schon beobachtet.
Andererseits: würdest Du Dich von einem Erstsemestler am offenen Herzen operieren lassen?


Entschuldige, war nicht als Vorwurf gemeint, fast schon mehr so als Selbstbesinnung.
Gruß
T.

tortitch

Re: Unterricht geben?

Beitragvon tortitch » Fr 14. Okt 2011, 12:16

Tom hat geschrieben:Denk nicht nach. Machs einfach.
Alles andere ergibt sich von alleine.


Immer langsam!! Wenn ich das einfach so mache, hätte ich hier nichts zum Posten, Mensch!

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Re: Unterricht geben?

Beitragvon Matt 66 » Fr 14. Okt 2011, 14:02

Also ich sag`s noch mal andersrum:
Das Risiko liegt doch bei ihm, nicht bei Dir. Ich gehe jetzt mal davon aus, dass es nicht Deine Absicht ist, längerfristig einen Schülerstamm aufzubauen und nur noch vom Unterrichten leben zu wollen, sondern dass das ein Einzelfall ist.
Du kannst dabei nur gewinnen: Du sammelst Erfahrungen (Seneca), machst einen Menschen glücklich und kriegst auch noch Geld dafür. Ist doch fein.
Solange er weiss, dass das nicht Deine Hauptbeschäftigung ist, und er das akzeptiert, ist es doch alleine seine Sache. Er hat ja das Recht, sich jederzeit einen anderen Lehrer zu suchen.

Mir geht`s halt nur darum, dem Interessenten nichts vorzugaukeln. Es gibt so viele Leute, die irgendwas unterrichten, aber selbst keine fundierte Ahnung davon haben. Sieht man schön auf etlichen YT-Videos. Die Frage ist doch immer auf Seiten des Schülers, ob er das Gefühl hat, richtig aufgehoben zu sein.

Natürlich ist eine Herz-OP wesentlich bedeutungsvoller als ein paar Blues Licks. Es gibt beim "Falschlernen" nicht so viel zu verlieren, ist ja nur ein Hobby und Gitarrespielen kann doch heute eh schon fast jeder... Dennoch ist es mein persönlicher Anspruch eine gewisse Qualität abzuliefern. Gerade im Bereich Spieltechnik kann man sich viel versauen. Aber noch mal: die Entscheidung liegt beim Schüler. Wenn er weiss woran er bei Dir ist, ist doch alles im Lot.

Harry

Re: Unterricht geben?

Beitragvon Harry » Fr 14. Okt 2011, 14:35

Matt 66 hat geschrieben:.. und Gitarrespielen kann doch heute eh schon fast jeder...



wirklich :?: ;-)

docL

Re: Unterricht geben?

Beitragvon docL » Sa 15. Okt 2011, 11:17

Ach herrje... ich beobachte den Thread schon eine Weile und weiß nicht so recht... hm... ich schreib mal was...

Ich selber unterrichte jetzt sein 12 Jahren und mache das "professionell" , sprich ich lebe davon. Eine "staatliche" Ausbildung im Sinne eines IP-Studienganges habe ich nie genossen, aber dafür unheimlich lange und viel selber Unterricht genommen und an einem kleinen Privatinstitut "Gitarre" studiert. Dieser Studiengang ist mit Sicherheit nicht mit einem Hochschulstudium gleichzusetzen, war aber dennoch fundiert. Hinzu kamen noch lange Unterrichtszeiten bei einem Professor für Jazzgitarre und diverse Workhops.
Sprich: Ich habe über einen Zeitraum von ungefähr 10 Jahren regelmäßig Unterricht begkommen (teilweise bei 2 Lehrern gleichzeitig) und das hat mich doch sehr geprägt.

Allerdings waren während dieser ganzen Zeit nur 2 Lehrer dabei, die ihren Job als "Musik"- (bzw. Gitarren-)lehrer wirklich verstanden und ernst genommen haben.
Das bedeutet: Diese Leute hatten ein fundiertes didaktisches und pädagogisches Konzept und konnten nicht nur das Instrument spielen, sondern auch Zusammenhänge und Konzepte vermitteln, die einen selber zu einem guten und vor allen Dingen selbstständigen (!) Musiker machen.
Das hat mich damlas sehr beeindruckt und ich fing an, selber Konzepte zu erarbeiten. Nun war mein Anspruch auch ganz klar der, jeden unterrichten zu wollen bzw. zu können. Von 6-66 Jahren quasi.
Dieses Aufbauen einer Konzeption und das "Etablieren" des eigenen Unterrichtsstils in der "Szene" hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen und war natürlich mit viel Arbeit verbunden.

Deswegen reagiere ich immer ein klein wenig "allergisch" , wenn ich in meinem Kundenkreis Sätze höre wie: "Ja, da ist jetzt so ein Student und der unterrichtet nebenbei und das kostet nur 10 Euro die Stunde"... Wenn ich so was mitkriege, fahr ich mal bei den entsprechenden Kandidaten vorbei und erkläre Ihnen, dass ich überhaupt kein Problem mit diesem niedrigen Stundensatz habe, solange sie ihre Tätigkeit ordentlich bei der KSK (Künstlersozialkasse) und beim Finanzamt anmelden.
Meistens hören die dann recht schnell wieder auf ihren unterricht zu "Dumpingpreisen" anzubieten.

Daher besteht für mich grundsätzlich ein Unterschied zwischen "unterrichten" oder "was auf der Gitarre zeigen".
du hast irgendwo gespielt, man ist auf Dich aufmerksam geworden, Dein Spiel kommt an und jemand will, dass Du ihm etwas zeigst.
Mach das ruhig, aber sei fair. Auch deinen "Kollegen" gegnüber, die von so einem Job leben müssen. Mache Ihnen nicht die Preise kaputt und biete Deine Dienstleistung zu einen realistischen Kurs an und sei ehrlich.
Wie sich soetwas entwickelt kann man ja nie vorher sagen... :scratch:
Vielleicht melden sich noch mehr Leute bei Dir und Du entwickelst Dich und Deine Unterrichtskonzepte weiter und die ganze Angelegenheit wächst und wächst.
Wenn es für Dich aber von vornherein klar ist, dass es nur eine "Nebentätigkeit" sein soll, vielleicht auch "nur zum Spaß", setze Dir selber zeitlich und auch fachliche Grenzen.
Grundsätzlich denke ich, dass gegen das "Zeigen von ein paar Gitarrenkniffen gegen Bezahlung" (ich nenne das jetzt mal so), niemand was hat und da auch nichts Negatives passieren kann, aber kontinuierlicher , aufgebauter Unterricht ist viel Arbeit und bedarf, meiner Meinung nach, einer guten Konzeption.
Und die muss aufgebaut werden!

Und DAS geht mal nich so "nebenbei"...
Sorry, wenn ich jetzt wie ein "Spielverderber" wirke, aber ich sehe das eben immer von zwie Standpunkten aus....

Josef K

Re: Unterricht geben?

Beitragvon Josef K » Sa 15. Okt 2011, 11:49

Na, dann füge ich mal einen dritten Standpunkt hinzu: Warum solltest Du den selben Stundensatz bekommen, wie jemand, der 4 Jahre Klassik und 2 Jahre in Bereklee Jazz studiert hat? Hast Du eine Vorstellung, was so ein Studium kostet?

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Aldaron
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Re: Unterricht geben?

Beitragvon Aldaron » Sa 15. Okt 2011, 11:53

@docl: Auch hier gebe ich dir recht. Nur ein kleiner Nebenvermerk: Es gibt gewisse Grenzen bis wann der Nebenerwerb als Gitarrenlehrer bei der KSK gemeldet sein muss.

docL

Re: Unterricht geben?

Beitragvon docL » Sa 15. Okt 2011, 12:01

Hm...

ich glaube nicht, dass ich den gleichen Stundensatz bekomme...
Und außerdem habe mich meine Studiengänge ja nun auch viel Geld gekostet und die diversen Workshops, die ich genommen habe...
:scratch:

Da fängt es an speziell zu werden.
Ich bin heute in einer Position, in der ich das bekomme / nehmen kann, was auf dem Markt, also sprich in Musikschulen und "qualifiziertem" Privatunterricht üblich ist. "Music for the masses" sozusagen.
Also in etwa das , was meine damaligen Lehrer auch genommen haben.

Bei Leuten, die extrem versiert auf ihrem Instrument und in ihrer didaktischen Rangehensweise sind, sind die Preise (berechtigterweise) etwas höher. Aber auch DA muss das Gesamtkonzept stimmen!

Wovon ich gesprochen habe war, "Das Preise kaputt machen durch Schwarzarbeit", ganz einfach...
Kenne ich genug Leute, die das machen bzw. versuchen...

Ich denke, die unetrschiedliche Honrargestaltung aufgrund unterschiedliche rQualifikationen ist obligat und nicht Gegenstand der Diskussion.
Zumindest nicht für mich.

docL

Re: Unterricht geben?

Beitragvon docL » Sa 15. Okt 2011, 12:08

Aldaron hat geschrieben:@docl: Auch hier gebe ich dir recht. Nur ein kleiner Nebenvermerk: Es gibt gewisse Grenzen bis wann der Nebenerwerb als Gitarrenlehrer bei der KSK gemeldet sein muss.


Das stimmt natürlich. Insbesondre dann, wenn Gitarrenunterricht nicht die Haupteinnahmequelle der betreffenden Person ist.

Mein Formulierungen zielten auch eher in Richtung der Leute ab, die einfach mal so nebenbei ihre "Dienstleistung anbieten, zu "Dumpingpreisen", dabei den Markt kaputt machen und teilweise 10-20 Schüler unter der Woche neben ihrem Studium, Praktikum o.ä. machen, ohne dabei diese Arbeit ordnungsgemäß zu melden...
Eben "unter der Hand arbeiten"...

Das gleiche Problem wie in anderen Branchen auch... SCHWARZARBEIT!
Wenn das sich das mit einer, nun sagen wir mal, unzureichenden didaktischen Konzeption mischt und dann auch noch Dinge falsch beigebracht werden (Stichwort Theorie, Technik usw.) ist es schon doppelt bedenklich...

Und da bin ich mittlerweile gnadenlos, wenn ich soetwas mitbekomme. :mad:

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Aldaron
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Re: Unterricht geben?

Beitragvon Aldaron » Sa 15. Okt 2011, 12:15

Ja da hast du auch vollkommen recht. Ich hab das auch oft genug mitbekommen. "Unser Sohn kriegt jetzt vom Nachbarn Unterricht, der macht das für 5 Euro".

Zum Kotzen.


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