Progrockpupserergänzungsthread

tortitch

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Beitragvon tortitch » Sa 2. Feb 2013, 15:45

Was ist Musik? Zwei Extreme

Musik als Mathematik
Das Wesen der Musik liegt in der Struktur. Es geht um Beziehungen, um Relationen. Die Qualität des Klanges ist irrelevant. Musik beseht in Zahlenverhältnissen.
In der Spätblüte des platonisch-bildungsbürgerlichen Denkens, das die Wert-Priorität immer dem Geistigen, dem Sein, dem Ewigen zuschreibt (zulasten des Materiellen, des Scheins, des Vergänglichen) liest sich das in Hesses „Steppenwolf“ so:

In der Tat spuckte, zu meinem unbeschreiblichen Erstaunen und Entsetzen, der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten des Radios übereingekommen sind, Musik zu nennen, - und hinter dem trüben Geschleime und Gekrächze war wahrhaftig, wie hinter dichter Schmutzkruste ein altes köstliches Bild, die edle Struktur dieser göttlichen Musik zu erkennen, der königliche Aufbau, der kühle weite Atem, der satte breite Streicherklang.
„Mein Gott“, rief ich entsetzt, „was tun Sie, Mozart? Ist es Ihr Ernst, dass Sie sich und mir die Schweinerei antun? [...]“
[…]
„Bitte kein Pathos, Herr Nachbar! Haben Sie übrigens das Ritardando da beachtet? Ein Einfall, hm? Und nun lassen Sie einmal […] den Gedanken des Ritardandos in sich hinein[...]. Hören Sie einmal […] hinter dem in der Tat hoffnungslos idiotischen Schleier dieses lächerlichen Apparates die ferne Gestalt dieser Göttermusik vorüberwandeln. […] Achten Sie darauf, wie diese irrsinnige Schallröhre […] den Urgeist dieser Musik nicht zerstören kann.[...]“.

Musik als Geräusch
Musik als Klang, als das konkrete Schallerlebnis. Quasi die proletisch-proletarische sowie subversive (anti-platonisch-bürgerliche) (die Brecht'sche) Auffassung von Musik. Musik ist immer auch das räumlich-zeitliche konkrete lärmende Spektakel.
Im Grunde die unausgesprochene Auffassung eines jeden Gitarristen, wenn er nicht ansteht, ein paar hundert Euro für einen AÜ für seinen Amp auszugeben, um den „Sound“ noch etwas luftiger (oder erdiger oder holziger...) zu gestalten.

Da ich eher der synkretistische als der originelle Typ bin, ist das alles nicht neu, sonder zusammengeklaubt. Wollte das trotzdem gern mal formuliert haben.
Gruß
T.

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Zakk » Sa 2. Feb 2013, 18:43

Er hat schon wieder die Frickelmaschine angeschmissen. Produziert irgendwelche Deduktionen. Von was eigentlich?
Will man es wirklich wissen?

Ein klarer Satz, eine klare Struktur....

Alles, was man nicht mit einfachen Sätzen sagen kann, kann nicht von Gewicht sein.

Torte weiß es. Er produziert halt gern.....

tortitch

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon tortitch » Sa 2. Feb 2013, 18:49

Was ist denn daran nicht klar und verständlich?
Jetzt find ich dich aber ein bisschen zu zimperlich.

Tom

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Tom » Sa 2. Feb 2013, 18:55

Ohne das jetzt lesen zu müssen:
Beachte die Dialektik der Aufklärung.
Der Barock ist die Klarheit der Form bei gleichzeitiger Unbeweglichkeit des erfindenden Individuums in ihr.

tortitch

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon tortitch » Sa 2. Feb 2013, 19:01

Tom hat geschrieben:Ohne das jetzt lesen zu müssen:

:facepalm:

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Zakk » Sa 2. Feb 2013, 19:10

tortitch hat geschrieben:Was ist denn daran nicht klar und verständlich?
Jetzt find ich dich aber ein bisschen zu zimperlich.



Nee, Du hast da irgendwie Spaß dran. Schachtel-Geschichten...

Ich aber nicht soo richtig. Will sagen, wenn mir jemand auf der "Fakten"-Ebene etwas sagt über musikgeschichtliche Epochen finde ich das interessant. Oder strukturelle Dinge, bezogen auf Musik. Da ham wir den Tom und den Matt....

Soo, soweit so gut. Ich habe auch nichts gegen Musik-Esoterik. Alles schwingt, das Leben ist ein Fluss....Blabla....

Nur wenn jetzt jemand meint, er könne aus eigener Gedankenschöpfung irgendwelche neuen Parameter, Kriterien oder sonstwas loslassen.... Musik als Mathematik, Musik als "proletisch-proletarische sowie subversive (anti-platonisch-bürgerliche)..."

Nee, sorry. Ist mir zu platt, zu gewollt, zu unwissenschaftlich, zu Möchtegern....

Tom

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Tom » Sa 2. Feb 2013, 19:21

tortitch hat geschrieben:
Tom hat geschrieben:Ohne das jetzt lesen zu müssen:

:facepalm:

Ich hols nach, mein Hase!

tortitch

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon tortitch » Sa 2. Feb 2013, 19:23

@Zakk
Ich denke ja schon, dass ich mich auf der Faktenebene bewege. Ich glaube halt, dass es diese zwei Auffassungen, was Musik sei, tatsächlich GIBT (und Variationen davon). Und ich glaube ferner, dass jeder - ob er sich nun gerade darüber Rechenschaft ablegen kann oder mag - also jeder gewisse Auffassungen in sich trägt, wie so einen Fundus innerster Überzeugungen. Man könnte auch Glaubenssätze oder Weltdeutungsmuster dazu sagen, egal.

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Zakk » Sa 2. Feb 2013, 19:30

Es gibt ja auch nen Grübelzwang.

tortitch

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon tortitch » Sa 2. Feb 2013, 19:39

Ach so, das noch, um ein Missverständnis auszuräumen: Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit Geistes- bzw Kulturgeschichte im Zusammenhang mit Philosophie und Literatur. Was ich geschrieben hab, sind nicht einfach so Gedankenschöpfungen, sondern eben auch geschichtliche "Fakten". kann sein, dass ich auf dem Gebiet immer noch zu inkompetent bin oder schlicht falsch liege, aber esoterische Gedankenwichserei betreibe ich nicht. Das ist zumindest mein Selbstverständnis.

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Zakk » Sa 2. Feb 2013, 19:41

Ja? Dann sag´s einfach. Sprache als Werkzeug.

tortitch

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon tortitch » Sa 2. Feb 2013, 19:49

Hm, außer der von dir zitierten Stelle wüsste ich nicht, was ich da vereinfachen müsste.

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Zakk » Sa 2. Feb 2013, 19:54

Nee, dann lass mal...

buttrock

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon buttrock » Sa 2. Feb 2013, 19:59

Zakk hat geschrieben:Ja? Dann sag´s einfach. Sprache als Werkzeug.

Dafür ist Sprache viel zu schön

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Zakk » Sa 2. Feb 2013, 20:02

Was soll son komisches zerhacktes Zitat aus dem Steppenwolf?

Und dieser Antagonismus: Musik als Mathematik, Musik als proteisch-proletarisches Geräusch (Hää?) Die Brecht´sche Auffassung von Musik?? Hast Du einen Bildungskomplex?

Ich finds einerseits banal und andererseits schief: Musik als Mathematik. Und dann irgendwie die Negation(?) jeglicher Ordnung oder Komplexität: Musik als Geräusch...

Dieser Antagonismus haut so nicht hin. Zu platt. Und dann muss man eben doch ein musikhistorisches Wissen mitbringen. Und ein bestimmtes Basiswissen zur Ästhetik und Kunsttheorie, wenn man so will, wäre auch nicht verkehrt. Aber ich bin da nicht so weit.

buttrock

Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon buttrock » Sa 2. Feb 2013, 20:06

Wollts ja nur gesgat haben :-) Die Ausgangsthese haut micht jetzt auch nicht aus den Socken, krieg aber auch nicht gleich Schaum vorm Mund ;-)

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Beitragvon Zakk » Sa 2. Feb 2013, 20:08

Nee, schon gut.

Brecht ist für mich son Reizthema. Bin schulisch traumatisiert.

Harry

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Beitragvon Harry » Sa 2. Feb 2013, 20:22

e=mc²

wenn die Stringtheorie nicht wäre...

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon tortitch » Sa 2. Feb 2013, 20:37

Zakk hat geschrieben:Was soll son komisches zerhacktes Zitat aus dem Steppenwolf?

Und dieser Antagonismus: Musik als Mathematik, Musik als proteisch-proletarisches Geräusch (Hää?) Die Brecht´sche Auffassung von Musik?? Hast Du einen Bildungskomplex?

Ich finds einerseits banal und andererseits schief: Musik als Mathematik. Und dann irgendwie die Negation(?) jeglicher Ordnung oder Komplexität: Musik als Geräusch...

Dieser Antagonismus haut so nicht hin. Zu platt. Und dann muss man eben doch ein musikhistorisches Wissen mitbringen. Und ein bestimmtes Basiswissen zur Ästhetik und Kunsttheorie, wenn man so will, wäre auch nicht verkehrt. Aber ich bin da nicht so weit.


Ich nehme an, dass du nicht ernsthaft an einer Antwort interessiert bist - z.B. auf die Frage nach dem Zitat. In unser beider Interesse verzichte ich also darauf.
Und die Metaebene interessiert mich nicht so sehr. Wenn du mich für nicht hinreichend kompetent hältst, kann ich wahrscheinlich auch nichts daran ändern. :cuddle:

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Re: Progrockpupserergänzungsthread

Beitragvon Zakk » So 3. Feb 2013, 00:30

tortitch hat geschrieben:
Zakk hat geschrieben:Was soll son komisches zerhacktes Zitat aus dem Steppenwolf?

Und dieser Antagonismus: Musik als Mathematik, Musik als proteisch-proletarisches Geräusch (Hää?) Die Brecht´sche Auffassung von Musik?? Hast Du einen Bildungskomplex?

Ich finds einerseits banal und andererseits schief: Musik als Mathematik. Und dann irgendwie die Negation(?) jeglicher Ordnung oder Komplexität: Musik als Geräusch...

Dieser Antagonismus haut so nicht hin. Zu platt. Und dann muss man eben doch ein musikhistorisches Wissen mitbringen. Und ein bestimmtes Basiswissen zur Ästhetik und Kunsttheorie, wenn man so will, wäre auch nicht verkehrt. Aber ich bin da nicht so weit.


Ich nehme an, dass du nicht ernsthaft an einer Antwort interessiert bist - z.B. auf die Frage nach dem Zitat. In unser beider Interesse verzichte ich also darauf.
Und die Metaebene interessiert mich nicht so sehr. Wenn du mich für nicht hinreichend kompetent hältst, kann ich wahrscheinlich auch nichts daran ändern. :cuddle:


Nee, ich will hier keinen für blöd erklären. Ich find halt die Art der inhaltlichen Darstellung missglückt. Das ist das Eine. Das Andere ist die eigentliche Aussage, die m.E. fehl geht. Und warum jetzt Brecht dem Einen Lager zuzuordnen sein soll, und nicht dem anderen Lager.... Und diese vollkommen gegriffene Differenzierung. Hier das Mathe-Lager, da das Geräusch-Lager. Die Brechtschen Liedchen sind musikalisch so was von bieder und bedienen sich banaler kompositorischer Stilmittel. Sind somit durch und durch gesetzmäßig und dann doch wohl eher dem Mathe-Lager zuzuordnen. Eben einfache Mathe. Du siehst, das ganze Konstrukt ist schief und krumm. Und wo bleibt jetzt die Zwölfton-Geschichte? In der Negierung bestimmter musikalischer Hörgewohnheiten und damit bestimmter Gesetze, stellt sich die Frage, ob wir jetzt im Mathe-Lager sind, oder doch im Geräusch-Lager. Hhhm. Aber Zwölfton-Musik ist ja nicht notwendig gesetzlos. Es werden nur neue Gesetze aufgestellt. Also watt denn nu?

Mein Fazit: Marke Eigenbau, schief und krumm und letztlich nicht haltbar. Meine persönliche Meinung: Du ergötzt Dich irgendwie Deinen Konstrukten. Sie erscheinen mir aber nicht mitteilsam.


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